BM-Kadidatin Daniela Ziessnitz (CDU) zu den Fragen des Aktionsbündnisses

Zu 1)
Der SPNV im Regionalverkehr besteht zur Erschließung der äußeren und engeren
Peripherie Berlins sinnvollerweise aus unterschiedlich schnellen „Verkehrsmitteln“
auf unterschiedlich langen Strecken. Dabei erschließen die RE-Linien die äußere Pe-
ripherie Berlins in möglichst kurzer Reisezeit mit aus diesem Grund möglichst langen
Abständen zwischen den Haltepunkten. Die RE-Linien haben vorrangig nicht das
Ziel, Fahrgäste der engeren Peripherie (also aus dem Bereich bis Nauen) nach Berlin
zu befördern. Dafür sind die RB-Linien gedacht. Die S-Bahn wiederum dient dem
kleinteiligen Verkehr innerhalb des Berliner Stadtgebietes.

Der RE-Verkehr hat einige Zeit RB-Funktion wahrgenommen, weshalb nach dem
Wegfall der Haltepunkte Brieselang, Finkenkrug, Seegefeld und Albrechtshof dies als
Verlust betrachtet werden musste, zumal die RB den Verlust nicht adäquat aufgefan-
gen hat (Endhalte in Spandau bzw. Charlottenburg).

Selbstverständlich wäre es wünschenswert, dass die Züge der RE-Linie 4 wieder an
allen o. g. Bahnhöfen halten. Realistisch und dem Sinn der RE-Linien entsprechend
ist dies aber vermutlich nicht. Stattdessen ist es erforderlich, den RB-Verkehr zu
verbessern und auf der Strecke der Berliner Stadtbahn zu einem mindestens halb-
stündigen Takt in das Berliner Stadtzentrum zu kommen. Die ganztägige Durchbin-
dung sowohl der RB 10 als auch der RB 14 über die Stadtbahn ist und wird deshalb
das Ziel meiner Arbeit sein. Dabei sollte die Verlängerung der RB 10 mindestens bis
Berlin- Charlottenburg mit direktem Anschluss an die RE 7 als Mindestvoraussetzung
angesehen werden. Eine Verlängerung bis zum Bahnhof Friedrichstraße oder sogar
bis Berlin-Ostbahnhof sollte die Maximalforderung sein, damit dem umfangreichen
Pendlerverkehr Rechnung getragen wird.

Zu 2)
Eingangs möchte ich feststellen, dass die CDU- Falkensee die einzige Partei in Fal-
kensee ist, die seit Jahren eine klare und eindeutige Haltung Pro Regionalbahn be-
zogen hat und dies auch immer öffentlich gegen jede Kritik verteidigt hat.

Um die gestellte Frage beantworten zu können muss man sich jedoch erst einmal mit
einer Vorfrage auseinandersetzen: Was erwarte ich als Pendler von einem öffentli-
chen Verkehrsmittel, damit ich es gegenüber anderen Verkehrsmitteln bevorzuge?
Die Antwort muss höchstwahrscheinlich lauten: Es muss schnell, möglichst umstei-
gefrei und komfortabel sein. Alle diese Kriterien erfüllt die Regionalbahn, nicht jedoch
die S-Bahn. Deshalb kann ich die Pläne für einen S-Bahn- Bau nicht unterstützen.

Wie in der Antwort zu 1) erwähnt, dient der S-Bahn-Verkehr der kleinteiligen Er-
schließung des Berliner Stadtgebietes. Eine Verlängerung der S-Bahn-Linien in das
Umland bewirkt durch die entsprechend der Zielstellung sehr kurzen Haltestellenab-
stände eine erhebliche Verlängerung der reinen Fahrtzeiten für alle Pendler/innen;
insbesondere für die Pendler/innen aus dem Bereich hinter Falkensee/Finkenkrug
verlängern sich die Fahrtzeiten noch zusätzlich aufgrund von Umsteigezeiten. Damit
wird deutlich, dass ein S-Bahn-Bau bis Falkensee oder Finkenkrug keine schnelle
Verbindung in das Berliner Stadtzentrum gewährleisten kann. Auch im Vergleich mit
den Fahrzeugen der RB-Linien wären Abstriche beim Komfort (z. B. WC) und bei der
Sicherheit (personalbegleitet) zu verzeichnen. Mithin könnte die S-Bahn allenfalls als
Ergänzung zu einem gut ausgebauten RB-Verkehr dienen. Dies ist jedoch vor dem
Hintergrund rückläufiger Regionalisierungsmittel, aus denen übrigens auch die S-
Bahn finanziert wird, und aufgrund der Haltung Berlins, keine Parallelverkehre finan-
zieren zu wollen, absolut unrealistisch. Wahrscheinlicher ist vielmehr, dass nach ei-
nem S-Bahn-Anschluss der RE- und RB-Verkehr ausgedünnt, wenn nicht gar abbe-
stellt werden würde, um der unattraktiven S-Bahn zu mehr Wirtschaftlichkeit zu ver-
helfen.

Das ist absurd! Da würden Investitionen durch die öffentliche Hand (egal ob Bund
und/oder Länder) in erheblicher Millionenhöhe getätigt, um hinterher ein schlechteres
Nahverkehrsangebot zu haben, das die Menschen wieder verstärkt zum Umstieg auf
das Auto „zwingen“ wird oder möglicherweise auch zu einer „Landflucht“ führen wird.
Das ist unverantwortlich. Da nach meiner Überzeugung der Bau einer S-Bahn bis
Falkensee/Finkenkrug zu einer Verschlechterung des Regionalverkehrs führen wird,
lehne ich dieses Vorhaben ab.

Zu bedenken sind darüber hinaus die weiteren Folgen, die eine Verschlechterung
des Regionalbahnverkehrs zu Lasten der S-Bahn bei einer Verlängerung bis Falken-
see mit sich bringen würde:

– Der Kraftfahrzeugverkehr nicht nur durch Falkensee wird deutlich zu-
nehmen, da aufgrund der nunmehr schlechten Anbindung viele ehema-
lige Bahnnutzer wieder auf das eigene Auto zurückgreifen werden.
– Rund um den Bahnhof Falkensee wird zu den Hauptverkehrszeiten ein
nicht beherrschbares Verkehrschaos entstehen.
– Der Bahnhof Falkensee wird überfüllt sein.

Mit attraktivem öffentlichem Personennahverkehr hat das nichts mehr zu tun.

Zu 3)
Als Bürgermeisterin werde ich mich bei den Aufgabenträgern des SPNV (Länder
Brandenburg und Berlin) und des übrigen ÖPNV (Landkreis Havelland) dafür einset-
zen, dass das Regionalbahnangebot an Attraktivität gewinnt. Dazu gehört für mich
ganz klar die Einflussnahme u.a. auf die Streckenhalte, Taktzeiten, Betriebszeiten,
abgestimmte Umsteigemöglichkeiten, Pünktlichkeit und die Endhaltepunkte.

Die dauernden Positionswechsel der SPD zu diesem Thema beispielsweise lassen
keine klare Linie erkennen. Verunsicherung ist die Folge. Das schadet der Sache.
Das Thema der Bahnanbindung ist zu wichtig, als dass man es von Verwaltungsseite
so stiefmütterlich behandeln darf, wie es die letzten Jahre von Seiten des Bürger-
meisters erfolgt ist. Ein/e Bürgermeister/in muss für die Bürgerinnen und Bürger
glaubwürdig und berechenbar sein. Ich will Politik aktiv gestalten und nicht nur einen
bestehenden Zustand verwalten. Ich sehe es deshalb als meine Aufgabe an, als Ver-
waltungschefin die Impulse zu geben. Dabei ist mir der Rat von Fachleuten vor Ort
sehr wichtig.

Als Stadtverordnete habe ich mich mehrfach sowohl öffentlich, als auch über parla-
mentarische Gremien (Anfragen im Landtag und im Bundestag über unsere Wahl-
kreisabgeordneten initiiert) für eine Verbesserung des Regionalbahnangebotes ein-
gesetzt. Auch ist es mir zusammen mit dem CDU- Stadtverband gelungen, am 21.5.
2005 einen Landesparteitagsbeschluss zu dem von uns eingebrachten Antrag zum
Erhalt der RB 10 zu erwirken.

Mit den CDU-Landtagsabgeordneten bin ich gemeinsam mit unserer Landtagsabge-
ordneten Barbara Richstein im Gespräch, um diese für die Pendler-Probleme im Ha-
velland zu sensibilisieren und möglichst für eine auskömmliche Finanzierung zu sor-
gen. Meine Kontakte gehen auch in Richtung Berliner CDU-Abgeordnete, da hier m.
E. nur eine länderübergreifende Zusammenarbeit Erfolg verspricht. Ferner bestehen
seit Jahren enge Kontakte zu den CDU- Kommunalvertretern in Berlin-Spandau und
Brieselang, mit welchen wir unsere Zielvorstellungen und Aktionen im Vorfeld ab-
stimmen.

Meine Mitarbeit im Aktionsbündnis Pro Regionalverkehr im Osthavelland ist von der
gleichen Motivation geprägt.

Zu 4)
Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass gemeinde- und landkreisübergreifende
Arbeitsgemeinschaften sinnvoll sein können, da man sich damit u. a. stärkeres Gehör
gegenüber Entscheidern verschaffen kann, denn auch hier gilt, dass man nur ge-
meinsam etwas erreichen kann. Sie dienen aber auch dazu, sich tiefer gehende
Sachkenntnisse anzueignen. Deshalb werde ich auch wegen der hohen Bedeutung
des Themas in der Arbeitsgruppe wieder vertreten sein, aber auch Wert darauf le-
gen, dass konkrete Arbeitsergebnisse erzielt werden.

Zu 5)
Insbesondere auf dem Gebiet der Pünktlichkeit gibt es bei der Regionalbahn noch
Verbesserungspotentiale (was zwischenzeitlich übrigens auch für die S-Bahn gilt).
Nach meiner Auffassung müssen pünktliche, saubere und nach Möglichkeit klimati-
sierte Züge auch im RB-Verkehr Standard sein. Die Qualitätskriterien der DB müssen

sich an den Kundenwünschen messen lassen. Die Stadtverwaltung sollte diesbezüg-
lich von Zeit zu Zeit eigene Erkundigungen einziehen und Kunden befragen, um ggf.
gegenüber der DB Regio tätig werden zu können. Bei massiven Beschwerden sind
Kürzungen der Entgeltleistungen des Landes an die DB angebracht und werden von
mir als Bürgermeisterin angestoßen werden. Im Übrigen gilt das unter 3) gesagte.

Zu 6)
Da ich die Bahn nach Berlin-Alexanderplatz täglich nutze, bin ich unmittelbar von ei-
nem gut funktionierenden RB-Angebot abhängig. Der Bahnhof Falkensee liegt mei-
nem Wohnort am nächsten, und so kann ich auch das RE-Angebot nutzen. Ich weiß
aber ebenfalls aus eigener Erfahrung, wie ungünstig die Taktzeiten teilweise auf den
nicht vom RE angefahrenen Bahnhöfen sind. Insbesondere die Umsteigezeiten ab
Spandau in Richtung Nauen sind nicht optimal abgestimmt. Zu bestimmten Tageszei-
ten ist darüber hinaus die drangvolle Enge in den RB-Zügen belastend. Oft gibt es
nur Stehplätze bis Zoo. Beispielsweise könnte eine häufigere Taktfrequenz hier Ab-
hilfe schaffen.

Wenn man wie ich und viele andere Berufspendlerinnen und Berufspendler täglich
die Bahn nutzt, weiß man aus eigenem Erleben, wo die Nutzer „der Schuh drückt“.
Planungen vom „Grünen Tisch“ sind da wenig hilfreich. Es ist besser, wenn man die
tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort kennt. Ich darf behaupten, dass ich als Berufs-
pendlerin weiß, was ich in Bezug auf die Bahnanbindung sinnvoller Weise fordere
und im Interesse der Bahnnutzerinnen und Bahnnutzer verändern möchte.