BM-Kandidat Dietmar Strehl (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN) zu den Fragen des Aktionsbündnisses

Dietmar Strehl – Bürgermeisterkandidat Bündnis 90/DIE GRÜNEN

1. F.: Derzeit halten die Züge der RE-Linie 4 zwischen Nauen und Spandau nur in
Falkensee, nicht aber in Brieselang, Finkenkrug, Seegefeld und Albrechtshof. Wie
stehen Sie zur Frage zusätzlicher Regionalexpress-Halte auf dieser Strecke? Auf
welche Weise würden Sie sich ggf. dafür einsetzen? Auf welche Weise haben Sie dies
ggf. bereits getan? Sollten zusätzliche RE-Halte nicht durchsetzbar sein, würden Sie
sich dann für eine Verlängerung der überall haltenden RB-Züge, die jetzt in Spandau
enden, zum Berliner Stadtzentrum einsetzen?

A.: Um mit einem alten Merkspruch der Grünen anzufangen aus der Zeit, als die Halte
des Regionalexpress (RE) an den genannten Haltestellen gestrichen wurden: die besten
Züge nützen nichts, wenn man sie nicht auch anhalten lässt, um die Menschen aus- und
einsteigen zu lassen.
Aber die Sache ist komplizierter: Die Regionalbahn (RB) sammelt Fahrgäste in der
Fläche, der RE verbindet Knotenpunkte und die großen Städte. Dort – also in unserem
Fall in Berlin – gibt es ein Nahverkehrssystem (S-Bahn, U-Bahn, Tram, Bus). Wenn man
nun den RE zu oft halten lässt, wird er für seine eigentliche Aufgabe zu langsam. Man
muss ja auch an die Menschen in Rathenow oder Friesack denken. Unsere Vorschläge
laufen deswegen auf die Einführung eines Stadtexpress (oder SX) hinaus, der den
„inneren Verflechtungsraum“, d.h. den „Speckgürtel“ mit Berlin verbinden soll. Um das
optimal zu können muss dieser Zug bestimmte Qualitätsmerkmale haben: verlässlicher
Taktfahrplan, Halte an allen Haltestellen im Verflechtungsraum, in der Stadt aber nur an
den Knotenpunkten mit dem städtischen Verkehrsnetz, Durchbindung durch die Stadt,
hohes Beschleunigungs-, Brems- und Geschwindigkeitspotential (Vmax = 160 km/h),
Klimaanlage, Toiletten, viele Sitzplätze, Barrierefreiheit, Fahrrad- und
Kinderwagenmitnahme. So etwas gibt es im Ruhrgebiet, in München, Zürich, Stockholm.
So etwas brauchen wir hier auch. Man kann das mit der Verbesserung der RB beginnen,
aber die muss mittelfristig schneller und besser werden.

2. F.: Wie stehen Sie zu den Plänen für einen S-Bahn-Bau bis Falkensee oder Finkenkrug?
Falls Sie dieses Projekt grundsätzlich befürworten sollten, würden Sie dafür auch
Einschränkungen des Regionalbahnverkehrs in Kauf nehmen und wenn ja, in welchem
Umfang?

A.: In Berlin heißt „S-Bahn“ traditionell „Gleichstrom-S-Bahn“. Wir glauben, dass diese S-
Bahn in der Stadt hervorragend ist, je weiter sie aber fahren muss, desto weniger kann
sie die heutigen Anforderungen erfüllen (siehe Punkt 1). Die Verlängerung der
klassischen S-Bahn über Spandau hinaus nach Falkensee würde einen zweistelligen
Millionenbetrag kosten und schließlich zu einem Rückgang der Fahrgastzahlen im
östlichen Havelland führen; das hat ja das Gutachtachten der Verkehrsministerien
ergeben. Deshalb bin ich dagegen. Im Ergebnis würden wiederum mehr
HavelländerInnen das Auto für die Fahrt nach Berlin nutzen. Das kann auch nicht im
Sinne der Anwohner in Berlin sein.

3. F.: Was würden Sie als Bürgermeister(in) tun, um das Regionalbahnangebot für
Falkensee, Finkenkrug und die übrigen Bahnhöfe im Osthavelland mindestens zu
erhalten, möglichst aber zu verbessern? Was haben Sie dafür bereits getan?

A.: Innerhalb der Grünen Partei arbeiten die Landesarbeitsgemeinschaften für Verkehr
in Brandenburg und Berlin intensiv an diesem Thema. Wir haben dazu hier in Falkensee
eine Veranstaltung gehabt, die LAGen haben einen Workshop veranstaltet, ein weiterer
soll folgen. Die Ergebnisse sind den Fachministerien vorgestellt worden. Wir versuchen
die Fachdebatte voranzubringen und die Arbeitsgruppen in den Ministerien zu
überzeugen. Das ist das steinige Pflaster, auf dem sich eine Oppositionspartei (das sind
wir in beiden Bundesländern) bewegt.

4. F.: Wie bewerten Sie die Entscheidung des scheidenden Bürgermeisters, wegen des
damit verbundenen Arbeitsaufwands aus der Arbeitsgemeinschaft der Gemeinden
entlang der RE-Strecke Berlin Wittenberge auszutreten? Würden Sie dies als
Bürgermeister(in) wieder rückgängig machen?

A.: Strukturentwicklung – der Schienenverkehr ist ein Teil davon – hat immer zwei
Aspekte: was ist für meinen Ort das Beste und die übergeordnete Perspektive.
Demokratisch kann hier nur der Interessenausgleich Lösungen bieten. Deswegen sind
solche Arbeitsgemeinschaften wichtig. Da müssen neue Ideen und Konzepte
überzeugen. Deswegen muss eine Stadt wie Falkensee dabei mitarbeiten. Ich kann im
Moment nicht übersehen, ob man so etwas nicht auch an eine Initiative wie
„ProRegionalverkehr“ mit Sachverstand und Engagement delegieren kann. Der
Arbeitsaufwand kann aber kein Grund sein, nicht mitzuarbeiten.

5. F.: Würden Sie sich als Bürgermeister(in) für Pünktlichkeit und angemessenen Standard
der Züge und Bahnhöfen auf der Falkenseer Strecke einsetzen? Wenn ja, wie und auf
welcher Ebene?

A.: Ja, wobei die Arbeit an der Weiterentwicklung des öffentlichen Nahverkehrs die
entscheidende Aufgabe ist. Natürlich kann und muss man dazu auch einmal mit dem
Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) z.B. reden, aber wichtiger wäre m.E. noch,
dass auf der Ebene der Landesparlamente und -regierungen die Einsicht wächst, dass
Berlin und Brandenburg hier zu einem gemeinsamen und integrierten Konzept kommen
müssen. In allen Parteien muss die Erkenntnis wachsen, dass die Entwicklung des
öffentlichen Personenverkehrs ein essentieller Beitrag zum Klimaschutz ist. Das Ministerium
für Infrastruktur und Raumordnung (MIR) in Potsdam erarbeitet z.Zt. einen
Landesnahverkehrsplan. Das MIR hat versprochen, diesen Plan transparent und unter
Beteiligung der fachlichen und politischen Akteure zu erstellen. Da werden wir uns
einschalten, um für das östliche Havelland optimale Lösungen zu bekommen.

6. F.: Benutzen Sie selbst den Regionalverkehr von oder nach den Falkenseer Bahnhöfen,
wie sind Ihre Erfahrungen damit und auf welche Weise würden diese ggf. in Ihre Arbeit
als Bürgermeister(in) einfließen?

A.: Ich nutze den Regionalverkehr nach Berlin täglich vom Bahnhof Seegefeld und bin wie
viele andere NutzerInnen schon durch die Bahn“hölle“ gegangen. Sei es die ständigen
Verspätungen, die nicht wirklich durch den neuen Hauptbahnhof besser geworden sind, sei
es die unmöglichen Klimaverhältnisse in den Zügen im Sommer. Ein erster Lichblick ist
endlich das Verbot des Rauchens in den Zügen. Auch wenn ich kein dogmatischer
Nichtraucher bin, war die Situation mit den sogenannten Raucherabteilen unerträglich für
die Nichtraucher. Ich will anmerken, dass ich eine deutliche Verbesserung der
Freundlichkeit der BahnbegleiterInnen in den letzten Jahren gespürt habe. Nicht gelöst ist
das ärgerliche Problem des Vandalismus auf den Bahnhöfen. Das ist aber aus meiner Sicht
nicht alleine Sache der Bahn.

Mit freundlichen Grüßen

Dietmar Strehl